Das Jahr 1888 wurde zu einem Triumphjahr der Dampflokomotive in Frankfurt. Der Hauptbahnhof wurde eröffnet. Aber auch an ganz anderen Stellen der Stadt begannen plötzlich Dampflokomotiven zu fahren mitten auf der Straße! In zwei ganz verschiedenen Gegenden im Norden und im Süden der Stadt.
Die eine Gegend war die Eschersheimer Landstraße. Wir erinnern uns — seit 1872 gab es in Frankfurt die Pferdestraßenbahn, betrieben von einer belgischen Privatgesellschaft. Im Jahr 1888 kam ein zweites Straßenbahnunternehmen hinzu, die Lokalbahn AG. Sie bestand bis 1955.
Die Lokalbahn AG hatte außerhalb, so in Bad Homburg, einige Pferdebahnlinien eingerichtet. Nun legte sie ein Schienenpaar auch in Frankfurt, und zwar durch die Eschersheimer Landstraße bis zu dem „fernen“ Dorfe Eschersheim. Einige Monate lang spannte man auch hier Pferde vor die Straßenbahnwagen. Aber am Morgen des 15. Oktober trauten die wenigen Anwohner der Eschersheimer Landstraße kaum ihren Ohren. Die »Pferde« pfiffen plötzlich. Aus ihnen waren kleine Lokomotiven geworden. Pustend und schnaubend zogen sie ihre drei Wagen die Eschersheimer Landstraße hinauf. Sie war damals nur bis etwa in die Gegend des Holzhausenparks bebaut. Die Fahrt ging vorbei an der langgestreckten Irrenanstalt auf dem Affenstein, dann war man schon draußen auf dem Lande. Zwei Jahrzehnte lang dauerte dieses Dampfzeitalter von Eschersheim. Es soll nicht immer ein reines Vergnügen gewesen sein, bei Wind und Wetter mit der »Knochemiehl« zu fahren. Die Eschersheimer Landstraße galt ohnedies als »fabelhaft stolprig und staubig, ein Greuel geradezu für alle Passanten, ganz besonders für die Radfahrer!« Das ungünstige Urteil färbte natürlich auch auf die Dampfbahn ab, und von der »Romantik der Technik« war nicht allzu häufig die Rede. 1908 war es damit vorbei. Von diesem Jahr an fuhr man auch nach Eschersheim elektrisch.
