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Aus : Frankfurter Rundschau vom 10.01.2007

Eine Schiffsladung Akazien für den Anlagenring

Den späteren Stadtgärtner Sebastian Rinz plagte bei seinem ersten Projekt Pflanzenmangel

VON ANNE LORENC

Eine ganze Reihe ihrer grünen Schmuckstücke hat die Stadt Frankfurt einem Mann zu verdanken: dem ehemaligen Stadtgärtner Sebastian Rinz. Der Schöpfer von Wallanlagen, Nizza, Günthersburgpark und Hauptfriedhof wurde am 11. Januarvor 225 Jahren geboren.

Der Herr Reisekommissar Jakob Guiollett hatte Sorgen. Die Frankfurter waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht sehr angetan von den napoleonischen Fisimatenten und dem Fürstprimas des Rheinbundes, zugleich souveräner „Fürst von Frankfurt"; Carl Theodor von Dalberg. Das Palais derer von Thurn und Taxis für den neuen Landesherrn herzurichten, reichte nicht. Irgendetwas Nettes, Stimmungsaufhellendes musste her.
So verfiel Guiollett auf die Idee, den 1804 begonnenen Abriss der mittelalterlichen Befestigungsanlagen um die Altstadt systematisch anzugehen. Mauern und Türme sollten fallen und durch eine Promenade ersetzt werden. Leider fehlte ihm dafür der richtige Mann - als Gartenarchitekt war der damalige Stadtgärtner überfordert. Über Dalbergsche Kanäle fand Guiollett einen jungen Mann, der als Assistent des Hofgärtners im Park Schönbusch bei Aschaffenburg arbeitete: Sebastian Rinz. Der stampfte im Herbst 1806 in wenigen Monaten das erste Teilstück des Anlagenrings zwischen Eschenheimer und Bockenheimer Tor aus dem Boden: die Bockenheimer Anlage.
Der 24-Jährige, am 11. Januar 1782 in Haimhausen an der Amper geboren, hatte Erfahrung mit repräsentativen Grünanlagen. Sein Vater pflegte am Geburtsort den Rokoko-Park des gräflichen Schlosses. Rinz junior begann 1796 eine Lehre bei der Kurfürstlichen Hofgärtnerei in Schleißheim, arbeitete einige Zeit in Würzburg und kam 1801 nach Schönbusch bei Aschaffenburg. Hier sammelte er Erfahrungen mit dem neuen „englischen" Landschaftsgarten.
In Frankfurt konnte der junge Schlossgärtner seinen Ideen freien Lauf lassen, hatte aber auch mit Widrigkeiten zu kämpfen. Es war zu wenig Geld da. Rinz erbat sich Pflanzen aus Privatgärten, holte Bäume und Sträucher aus dem Stadtwald und bekam aus Schönbusch günstig eine Schiffsladung Akazien. Zum Jahresende kehrte er nach vollbrachter Tat nach Aschaffenburg zurück. Doch wenige Monate später rief man ihn zurück: Der zuständige Stadtgärtner hatte es geschafft, die Anlage in kürzester Zeit verwildern zu lassen.

Grüner Kranz um die Innenstadt

1807 kam Rinz erneut nach Frankfurt, und diesmal endgültig. Dalberg finanzierte die Vollendung des sternförmigen Grün-Ringes aus seinen Privatmitteln, 1812 war der Anlagenring fertig. Ein grüner Kranz um die Innenstadt, der einen Bogen schlug von Mainufer zu Mainufer, ein englischer Landschaftspark, der die Fremden in Erstaunen versetzte „über die Schönheit in Franckfurt", wie Frau Aja ihrem Sohne Johann Wolfgang Goethe am 1. Juli 1808 nach Weimar schrieb: „Die alten Wälle sind abgetragen die alten Tore eingerißen um die gantze Stadt ein Parck."
Die Herrlichkeit dauerte zunächst nur ein Jahr: Nach ihrer Niederlage in der Völkerstadt bei Leipzig 1813 verwüsteten die Franzosen auf ihrem Rückzug das Frankfurter Schmuckstück. Diesmal sprang die Stadt ein und finanzierte die Erneuerung. Inzwischen war Rinz längst in Frankfurt etabliert. Seit 1808 durfte er sich Stadtgärtner nennen, 1811 erkaufte er sich das Bürgerrecht.
Rinz pflegte die Wallanlagen - in denen 1815 Jakob Guiollett zur letzten Ruhe gebettet wurde - und legte den ersten Teil des Hauptfriedhofs an. Hier fand 1828 die erste Beisetzung statt. Der Stadtgärtner war zugleich ein guter Geschäftsmann. Er eröffnete in der Nähe des Doms eine Blumen- und Samenhandlung und in späteren Jahren eine Gärtnerei im Westend. Private Auftraggeber aus Stadt und Umland standen Schlange, um sich von ihm Parks anlegen zu lassen. Etwa Carl Mayer von Rothschild, der in Bornheim den Günthersburgpark in Auftrag gab, oder Georg von Saint-Georg aus Oberrad.

Grab unter der Libanonzeder

Rinz plante auch die mediterrane Grünanlage am Mainufer, von den Frankfurtern später „Nizza" benannt. Allerdings konnte er sie nicht fertigsteilen. Dies übernahm sein Enkel und Nachfolger, Andreas Weber. Rinz starb mit 79 Jahren am 8. April 1861. Er wurde auf dem Hauptfriedhof begraben - unter einer Libanonzeder, die er selbst gepflanzt hatte.
Sein Vermächtnis wirkt bis heute. Nicht nur in Gestalt der Grünanlagen aus seiner Hand. Bei Rinz ging ein junger Mann in die Lehre, der als Gartenarchitekt ebenso berühmt werden sollte: Heinrich Siesmayer, der Gestalter des Palmengartens.

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