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Erhaltungssatzung Nr.39 - Nordend 1

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

die Stadt Frankfurt stellt hiermit der Offentlichkeit die Erhaltungssatzung Nr.39 Nordend 1 vor. Die Erhaltungssatzung hat das Ziel, die besondere stadtgestalterische Qualität, die dieses Viertel aufgrund seiner historischen Entwicklung auch über zwei Weltkriege hinweg zu einem guten Teil bewahren konnte, für die Zukunft zu sichern. Das Nordend soll als typisches innenstadtnahes Quartier mit seiner interessanten Geschichte, den attraktiven Straßenräumen und charakteristischen Bauweisen, die vor allem durch die Gründerzeit geprägt sind, erhalten werden. Im Rahmen einer Stadtbildanalyse wurden die städtebaulich wertvollen und das Stadtbild prägenden Merkmale beschrieben und Anwendungsleitlinien für die Prüfung von Vorhaben erarbeitet.

Geltungsbereich

Die Erhaltungssatzung gilt für den Bereich der nördlichen Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts. Der Geltungsbereich umfasst die Gebiete nördlich des Anlagenrings, der die Grenze zur Kernstadt darstellt, bis zum Hauptfriedhof und dem Dienstleistungs- und Behördenzentrum nördlich der Adickesallee mit seiner eigenen Baustruktur. Im Westen erstreckt sich das Gebiet bis zur Eschersheimer Landstraße, der westlichen Grenze des Nordends. Im Osten wird der Geltungsbereich von der Friedberger Landstraße begrenzt.

Die Erhaltungssatzung ist ein geeignetes Instrument, mit dem gestalterisch auf bauliche Veränderungen Einfluss genommen werden kann. Die Satzung erfasst alle gebäudebezogenen Vorhaben; also auch solche, die mit dem geltenden Planungsrecht nicht geregelt werden, z.B. Gestaltungselemente wie Fensterformen und -gliederungen, Dachaufbauten etc.

Die Erhaltungssatzung ist keine Veränderungssperre sie stellt lediglich einen Genehmigungsvorbehalt dar. Bauliche Veränderungen, Nutzungsänderungen, Neubauten oder die Genehmigung zum Abriss eines Gebäudes sind daher nicht von vornherein unzulässig. Ein Vorhaben, das im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung liegt, wird im Einzelfall geprüft.

Denkmalschutz

Einzelne Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Darüberhinaus sind Teilbereiche als denkmalgeschützte Gesamtanlagen ausgewiesen. Die Belange des Denkmalschutzes werden durch die Erhaltungssatzung unterstützt, der Denkmalschutz wird durch die Erhaltungssatzung nicht ersetzt.

Mit freundlichen Grüßen Ihr

Edwin Schwarz
Dezernent für Planung, Wirtschaft und Sicherheit

Historische Stadtentwicklung des Nordends

Bis zum Ende des 18. Jh. beschränkte sich die Stadtentwicklung Frankfurts auf den befestigten Bereich innerhalb der Wallanlagen. Vor den Wallanlagen entstand, unbehelligt von Bauvorschriften, eine vorstädtische Gartenzone mit den Garten- und Landhäusern der reichen Bürger. Ab 1804 begann der Abbruch der Befestigungswälle. Die ungeregelte Bautätigkeit verstärkte sich. Mit Baugesetzen und Fluchtlinienplänen wurde zwischen 1849 und 1855 das wilde Bauen in geordnete Bahnen gelenkt.

In den 60er Jahren des 19. Jh. führte das rasche Bevölkerungswachstum und die dadurch entstehende Wohnungsnot zur Bebauung der an die Gartenzone anschließenden Bereiche von West- und Nordend. Mit Hilfe von Alignementplänen, die ein einfaches rechtwinkliges Straßensystem zwischen den Landstraßen festlegten, wurden diese Bereiche erschlossen. Die Einzelhausbebauung zwischen Eschersheimer Landstraße und Oeder Weg schließt sich in den 70er und 80er Jahren des 19. Jh. zu einer zusammenhängenden Blockbebauung mit zum Teil hoher Ausnutzung durch mehrgeschossige Mietshäuser.

So entwickelte sich das Nordend zwischen Mitte und Ende des 19. Jh. vom suburbanen Landhausgebiet zum Stadterweiterungsgebiet.

Unter Oberbürgermeister Miquel wurde durch die Bauordnung von 1884 eine weitergehende Verdichtung ermöglicht. jedoch nahm Adickes, Oberbürgermeister von 1890 bis 1912, diese Verdichtungsmöglichkeit wieder zurück. Der durchgrünte Charakter der damaligen Stadtrandbezirke sollte durch eine Begrenzung der Gebäudelängen gewahrt bleiben.

Der 1. Weltkrieg brachte eine Unterbrechung der Bautätigkeit und danach einige Veränderungen in der Stadtentwicklung mit sich.

Sie wirkten sich aber nicht mehr maßgeblich auf die Struktur des Nordends aus, das bis auf ein kleines Gebiet südlich des Hauptfriedhofs und der Adickesallee bereits vollständig bebaut war. Dieses Gebiet wurde schließlich in den 20er und 30er Jahren bebaut. Während des 2.Weltkrieges blieb das Nordend weitgehend von Zerstörungen verschont, lediglich die innenstadtnahen Bereiche waren stärker betroffen. Die bauliche Entwicklung orientiert sich seither, in mehr oder minder einfühlsamer Form, am Bestand.

Anwendungsleitlinie und Bewertungsmerkmale

Im Geltungsbereich lassen sich 5 Teilgebiete nach verschiedenen Gebäudetypen festlegen:

Spätklassizismus aus der Zeit um 1865, Gründerzeit 1-3 in etwa von 1870—1914 und die 20er und 30er Jahre des 20.jh. Die einzelnen Teilgebiete unterscheiden sich vorwiegend in der Bauweise. Zum einen sind sie bestimmt durch die Vorgaben der historischen Gesetzgebung, zum anderen durch die vorherr­schende Anzahl der Geschosse. Die Entwicklung führt vom Einzelhaus des Spätklassizismus über die geschlossene Mietshausbebauung und über die ab 1900 im Holzhausenviertel ausgeführten Einzel- und Doppelhäuser zur Reihenhausbebauung der 20er und 30er Jahre.

Die Gestaltungsmerkmale der Dächer, Fassaden und Eingangsbereiche, vor allem der Einfriedungen, sind stichwortartig für die verschiedenen Teilgebiete zusammengestellt worden. Bei den Gebäuden der 20er und 30er Jahre wird sowohl die “traditionelle“ Bebauung mit geneigten Dächern als auch die Bebauung mit Merkmalen der “klassischen Moderne“ charakterisiert. Sie sind beide typisch für die Gestaltung dieser Zeit und werden daher nebeneinander als prägend für das Stadtbild aufgeführt.

Im südlichen Stadtteil sind einige im Krieg zerstörte Gebäude durch Bauten der 50er und 60er Jahre ersetzt worden. Sie fügen sich in der Traufhöhe und in ihrer Bauweise in die historische Bebauung ein. Auch Fassadenelemente, wie schmale Balkons mit meist transparenten Brüstungen oder Fenster, deren senkrechte Teilung die horizontalen Fensterformate ausgleicht, beziehen sich auf die Gestaltungsmerkmale der historischen Gebäude. Nur durch die niedrigeren Geschosshöhen entsteht eine Unregelmäßigkeit im Straßenbild.

Störend wirken die in den 70er bis 80er Jahren entstandenen Häuser mit breitgelagerten Fenster- und Balkonbändem. Auch die Farbgebung dieser Zeit - kräftige, dunkle Grün- bis Lila-Töne gerade bei den Gründerzeitbauten - stört im Straßenbild erheblich.

Die vorwiegende Nutzung des Gebiets ist das Wohnen. Einzelne Büros oder Arztpraxen haben keine Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Gebäude. Zur Innenstadt hin und in der Zone Gründerzeit 1 gibt es etliche, quartiersbezogene Läden und einige Gaststätten, die als prägend für den Erdgeschossbereich dieser Zone bezeichnet werden können.

Die Anwendungsleitlinie orientiert sich an den Struktur- und Gestaltungsmerkmalen der vorwiegend vorhandenen Gebäude des Nordends.

Einzelne Bauten, die sich weder in der Anzahl der Geschosse, noch in ihrer Bauweise oder Fassadengestaltung in das Gebiet einfügen, können nicht maßgebend sein. Auch Gebäude mit öffentlichen Nutzungen (z.B. Schulen, Turnhallen, Bibliotheken, Krankenhäuser, Altenwohnheime) haben eine Sonderstellung und können nicht zum Vergleich herangezogen werden.

Gebäudetypen

Spätklassizismus

Bauweise

- Einzelhäuser
- Vorgartenzone
- Geringere Dichte

Geschossigkeit, Traufhöhe

- 2-3 Geschosse + Mezzanin
- Traufhöhe bei etwa 10 m

Dachgestaltung

- flachgeneigte Walmdächer
- betonte Traufausbildung
- keine Dachaufbauten

Fassadengestaltung

- helle Putzfassaden
- vertikale Fensterelemente
- 3-6 Achsen
- Gesimse über dem Erdgeschoss
- Sockel
- vorgesetzte Balkone mit filigraner Brüstung

Einfriedung

- senkrechte Stäbe über niedriger Mauer
- Torpfosten aus Werkstein

Gründerzeit 1

Bauweise

- geschlossenen Straßenrandbebauung
- hohe Dichte

Geschossigkeit, Traufhöhe

- 4-5 Geschosse
- Traufhöhe bei etwa 13 m

Dachgestaltung

- Sattel- + Mansarddächer
- Dachneigung > 35°
- traufständig, geringer Dachüberstand mit Traufgesimsen
- schmale Schlepp- und abgewalmte Giebelgauben
- Eckbetonung

Fassadengestaltung

- helle Putzfassaden
- vertikale Fensterelemente mit Gewänden
- 3-6 Achsen
- horizontale Gesimse
- hoher Sockel oder Sockelgeschoss
- vorgesetzte Balkone mit filigraner senkrechter Brüstungsteilung

Gründerzeit 2

Bauweise

- geschlossene Straßenrandbebauung
- Vorgartenzone
- hohe Dichte

Geschossigkeit, Traufhöhe, Dach- und Fassadengestaltung

- wie “Gründerzeit 1“

Einfriedung

- senkrechte Stäbe über niedriger Mauer
- Torpfosten aus Werkstein

Gründerzeit 3

Bauweise

- großvolumige Gebäude und kleinere Gebäudegruppen
- Vorgärten
- geringere Dichte

Geschossigkeit, Traufhöhe

- 3-4 Geschosse
- Traufhöhe bei etwa 10 m

Dachgestaltunq

- Sattel- und Mansarddächer
- Dachneigung > 35°
- traufständig; geringer Dachüberstand
- abgeschleppte Einzel- und Doppelgauben
- zwerchhausartige Giebelgauben
- Eckbetonung durch Türmchen

Fassadengestaltunq

- wie “Gründerzeit 1“

Einfriedung

- wie “Gründerzeit 2“

20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts

Klassische Moderne Bauweise

- kleinvolumige Reihen- und Doppelhäuser
- Vorgartenzone
- geringe Dichte

Geschossigkeit, Traufhöhe

- 2-3 Geschosse
- Traufhöhe bei etwa 9m

Dachgestaltung

- Flachdächer

Fassadengestaltung

- helle, glatte Putzfassaden
- Fensteröffnungen quadratisch oder liegend
- Eckfenster
- Balkone geschlossen über schmalem Erkerelement

Traditioneller Baustil

Bauweise, Geschossigkeit, Traufhöhe

- wie “Klassische Moderne“

Dachgestaltung:

- Mansard- und Satteldächer
- breite Gauben mit senkrechter Fensterteilung
- geringer Dachüberstand

Fassadengestaltung:

- wie “Klassische Moderne“
- horizontale Gesimse

Einfriedungen bei beiden Stilen

- filigran
- senkrechte Stäbe über niedriger Mauer, Pfosten

Herausgeber: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Stadtplanungsamt
Redaktion: Diesing + Lehn
Stadtplanung SRL, Darmstadt
Gestaltung: Malkemus/Woitalla
Historische Karte: Institut für Stadtgeschichte,
Frankfurt am Main
Dezember 2000

Erhaltungssatzung

Aufgrund des §5 der Hessischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 01.04.1993 (GVBI. 1992 S. 534), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.1999 (GVBI. 2000 S. 2) und des § 172 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.08.1997 (BGBI. S. 2141 ber. BGBI. 1998 S.137) hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main in ihrer Sitzung am 26.10.2000, §7085 folgende Satzung beschlossen:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Diese Erhaltungssatzung Nr. 39 - Frankfurt am Main —Nordend 1 - gilt innerhalb des Gebietes, das in der Übersichtskarte dargestellt ist.

(2) Die Grenzen dieses Gebietes sind in einer Karte im Maßstab 1:2000 vom 04.08.2000 eingetragen. Die Karte ist Bestandteil dieser Satzung. Die Karte mit der Erhaltungssatzung wird vom Magistrat der Stadt Frankfurt am Main - Stadtplanungsamt -verwahrt.

§ 2 Erhaltungsziele

Im Geltungsbereich dieser Satzung soll die städtebauliche Eigenart des Gebietes aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) erhalten werden.

§ 3 Genehmigungspflicht, Versagungsgründe

(1) Im Geltungsbereich dieser Satzung bedürfen der Rückbau, die Änderung, die Nutzungsänderung und die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung (§ 172 Abs. 1 BauGB).

(2) Die Genehmigung des Rückbaus, der Änderung und der Nutzungsänderung darf nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist (§ 172 Abs.3 Satz1 BauGB). Die Genehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebietes durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird (§ 172 Abs.3 Satz2 BauGB).

§ 4 Genehmigungsverfahren, Ubernahmeanspruch, Erörterungspflicht

(1) Der Antrag auf Genehmigung von Rückbau, Änderung, Nutzungsänderung oder Errichtung einer baulichen Anlage ist schriftlich bei der Stadt Frankfurt am Main, der Magistrat - Bauaufsicht - Braubachstraße 15, 60311 Frankfurt am Main zu stellen.

(2) Die Genehmigung wird durch die Bauaufsicht im Einvernehmen mit dem Stadtplanungsamt der Stadt Frankfurt am Main erteilt; ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren über die in § 3 (2) bezeichneten Belange entschieden (§ 173 Abs. 1 BauGB).

(3) Wird in den Fällen des § 3 (2) die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Stadt Frankfurt am Main unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BauGB die Übernahme des Grundstücks verlangen; § 43 Abs. 1,4 und 5 sowie § 44 Abs.3 und 4 BauGB sind entsprechend anzuwenden (§ 173 Abs. 2 BauGB).

(4) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat das Stadtplanungsamt der Stadt Frankfurt am Main mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern (§ 173 Abs. 3 BauGB).

§ 5 Ordnungswidrigkeiten

(1) Nach § 213 Abs. 1 Nr.4 BauGB handelt ordnungswidrig, wer im Geltungsbereich dieser Satzung eine bauliche Anlage rückbaut oder ändert, ohne die erforderliche Genehmigung nach § 3 eingeholt zu haben.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 213 Abs. 2 BauGB mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden.

§ 6 Andere Vorschriften

Die bei einem beantragten Vorhaben anderen anzuwendenden Rechtsvorschriften, wie z.B. die Hessische Bauordnung, bleiben durch diese Satzung unberührt.

Frankfurt am Main, den 28.11.2000

DER MAGISTRAT

Dezernat Planung, Wirtschaft und Sicherheit
Stadtplanungsamt

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