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Aus „Bauen in Frankfurt seit 1900“ vom Bund Deutscher Architekten, 1978

Erste ungeplante Stadterweiterungen nach 1800

Die Bebauung der vor den alten Stadtmauern gelegenen Gartengebiete erfolgte bis zur Mitte des Jahrhunderts sehr schnell, aber ziemlich regellos und zufällig. Erst 1849 regelte ein Gesetz „die Anlage von Gärten, Gebäuden, Straßen etc. betreffend" Hausabstände, Wegebreiten und Vorgartenmaße.

1851 versuchte ein erster Bebauungsplan in das Gebiet um die Eschersheimer Landstraße, Oeder Weg und Eckenheimer Landstraße eine erkennbare Blockeinteilung zwischen den zufälligen Lauf der alten Ausfallstraßen zu legen.

1859 wird von einer enormen Bautätigkeit berichtet, „die sich durch das bloße Wachstum der Bevölkerung nicht genügend erklären läßt. Die Verfeinerung des häuslichen Lebens, das herrschend gewordene Bedürfnis nach frischer Luft, nach Aussicht und Gärten hat einen wahren Exodus der inneren Stadt vor die Tore erzeugt“.

Aus der Bürgerschaft kamen Vorschläge, die Stadterweiterung großzügiger anzufassen. Insbesondere sollte ein breiter Promenadenring das bis dahin bebaute Gebiet ähnlich dem Pariser Ring der mittleren Boulevards begrenzen

Stadterweiterungen 1870—1900

Rings um die Stadt— in Höchst, Bockenheim, Fechenheim, Offenbach — entstand Großindustrie. Die Frankfurter wehrten sich zunächst gegen die „stinkenden Fabriken“. Erst 1864 gab sich Frankfurt eine neue Gewerbeordnung, die Industrieansiedlung gestattet. Die dadurch möglich gewordene Verwandlung der bisher reinen Handelsstadt zur Industriestadt brachte einen enormen Aufschwung für Wirtschaft und Verkehr.

Im Bauboom der Gründerzeit waren besonders private Baugesellschaften tätig, die das Nordend, das Westend und Sachsenhausen parzellieren. Die „Stadtpläne“ richteten sich dabei nach dem Pariser Vorbild des Barons Hausmann und versuchten sich im Diagonalsystem und in Sternplätzen.

Alleenring

Adickes, Oberbürgermeister von 1890 bis 1912, stellte als erster in Frankfurt eine Gesamtplanung auf, nach der Wachstum und Erneuerung der Stadt sich vollziehen sollten.

Im Formalen bleibt zwar das System der Diagonalstraßen in seiner repräsentativen Form grundlegend, aber die Pläne bekamen mehr Großzügigkeit in der Anlage und in der Ausgestaltung des Straßenraumes.

Das besondere Verdienst von Adickes ist die Durchführung des Alleenringes gleichsam als zweiten Boulevardring, etwa entlang der alten Stadtgrenze mit gleichzeitiger Anbindung des 1877 eingemeindeten Vororts Bornheim und des 1895 eingemeindeten Industriestandortes Bockenheim.

Städtebaugesetze und Bauordnung unter Adickes

Planungsgesetze, Bauordnungen und Modalitäten des Handels mit Grund und Boden sind Dinge, die oft entscheidender für die Gestalt der Städte sind, als die architektonische Einzelleistung. So ist auch das Wirken von Oberbürgermeister Adickes als Stadtplaner zu verstehen, der mit einem baupolitischen Programm die „ungesunde Bodenspekulation“ bekämpfte und mit einem selbst-erarbeiteten gesetzlichen Instrumentarium die Grundlagen für die planerischen Möglichkeiten des modernen Städtebaues vorbereitet hat:

In der von ihm schon 1891 geschaffenen Bauordnung tritt erstmals eine Zoneneinteilung ein, die das Stadtgebiet differenziert betrachtet und für innerstädtische und Stadtrandbebauung unterschiedliches Baurecht schafft. Ziel ist, eine gewisse Weiträumigkeit der Bebauung zu erreichen. Die Bebauung wird mit Hilfe eines überbaubaren Grundstückanteils (Grundflächenzahl) geregelt, der je nach Zone mit einer bestimmten zulässigen Geschoßzahl gekoppelt ist.

1901 erläßt die Stadt Normativbestimmungen über die Vergabe städtischen Geländes in Erbpacht. Erstmals waren Erbbaurechte in Deutschland 1890 von der AG für kleine Wohnungen begründet worden.

1902 wird, erstmalig in Preußen, ein Gesetz „betreffend die Umlegung von Grundstücken in der Stadt Frankfurt“ beschlossen: die Lex Adickes — ein Mittel zur Bereitstellung von Bauland, ohne durch Erwerb die Grundstückspreise zu steigern.

1904 führt Frankfurt, als erste Stadt im Deutschen Reich, eine städtische Bodenwertzuwachssteuer ein (7 Jahre später wird eine solche Steuer Reichsgesetz).

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