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Aus: Frankfurter Rundschau vom 18.07.2007

Ohne Grün keine Lebensqualität

von Sandra Busch

Nordend Anwohner streiten um Erhalt alter Bäume

Ein kleines Idyll mitten im Nordend: In den beiden Wildkirschbäumen im Hinterhof der Lortzingstraße 26 zwitschern Amseln, klettern Eichhörnchen durchs Geäst. Ab und zu lässt sich ein Eichelhäher im Grün nieder. Für die Bewohner des Blocks zwischen Glauburgplatz und Spohrstraße sind die beiden Bäume ein liebgewonnener Anblick. Doch bald könnte es damit vorbei sein: Die Bäume sollen gefällt werden. So will's der Eigentümer.
Wegen starker Verdunklung der benachbarten Grundstücke sollen die beiden über 50 Jahre alten Bäume weichen, die Untere Naturschutzbehörde stimmt dem Ansinnen zu. Für die Anwohner eine Schande. „Wir genießen die frische Luft und die Atmosphäre hier"; sagt Stephan Vogel, der aus dem zweiten Stock direkt auf die Kronen gucken kann. „Die Bäume müssen bleiben."
Deshalb hat Vogel eine Unterschriftenaktion angekurbelt. „Schließlich sind die Bäume ja auch kerngesund." Mehr als 80 Anwohner unterschrieben, der gesamte Block spricht sich für den Erhalt der Bäume aus. „Eine Nachbarin hat fast geheult als sie davon erfuhr`; erzählt Vogel, „Für sie sei ohne die Bäume der gesamte Charme des Hinterhofs verloren."
In der Behörde stößt die Aktion zwar auf Verständnis, „aber wir können ja keine Umfrage unter allen Leuten machen, bevor wir eine Genehmigung erteilen"; sagt Christa Mehl-Rouschal. Von Amts wegen sei alles korrekt: Eine Kollege stellte vor Ort eine Verschattung fest. „Wildkirschen werden sehr hoch, erst recht, wenn sie beengt in einem Hinterhof stehen und nach Licht streben." Deshalb die Fällerlaubnis - mit der Auflage, kleinwüchsigen Feldahorn oder Weißdorn nachzupflanzen.
Das Amt bat den Eigentümer - nach der Unterschriftenaktion - zu überdenken, ob er wirklich fällen wolle. Umsonst. „Leider will er nicht von seinem Recht zurückweichen"; bedauert Mehl-Rouschal.
Damit steht wohl fest: Die Bäume werden fallen. Vogel denkt bereits darüber nach, wie er die Fällung direkt verhindern kann. „Anketten fiel uns nur ein - aber wir müssen ja auch arbeiten gehen." Und so wird er wohl eines Abends von der Arbeit nach Hause kommen und das Idyll im Hinterhof wird verschwunden sein.


Pflanzen für den Stadtteil - und damit für sich selbst

Interview: Sandra Busch

Alt-Ortsvorsteher Jörg Harraschain über die Motivation von Bürgern für mehr Grün in der Stadt

Herr Harraschain, wenn der Günthersburgpark wie geplant erweitert wird, könnten auf dem zugeschlagenen Gelände nicht auch Bäume für Neugeborene gepflanzt werden?

Es ist durchaus sinnvoll, dort über Baumspenden nachzudenken - ein reiner Geburtsbaumhain wäre vielleicht aber nicht das Richtige. Besser ist es, das offen zu halten. Schließlich gibt es verschiedene Anlässe für eine Baumspende: Für manche ist es die Eiserne Hochzeit, für manche vielleicht ihre Scheidung. Letztendlich ist der Anlass aber gar nicht entscheidend - die Baumpflanzung ist wichtig.

Im Jahr 2002 hat der Ortsbeirat auf Ihre Anregung hin schon einmal Geldgeber für Bäume auf dem Friedberger Platz gesucht und gefunden. Was hat die Menschen damals zu ihrer Spende bewegt?

Anlass war für viele ihre Hochzeit oder die Geburt ihres Kindes. Aber es ging vor allem um Grün im Stadtteil. Dieses Engagement ist typisch für die Mordend-Bewohner, ihnen sind Bäume im Stadtteil sehr wichtig. Wenn irgendwo welche gefällt werden, dann gibt es gleich - meist zurecht - einen Sturm der Entrüstung. Die Bürger zeigen viel Eigeninitiative, wenn es um Grün in ihrem Stadtteil geht. Wie wichtig ist es den Menschen, mit einem Namensschild am Baum gewürdigt zu werden? Für einige ist die Tafel sehr wichtig, sie freuen sich, dort ihren Namen zu lesen. Die primäre Motivation ist es aber nicht, bekannt zu werden. Es ist ein Nebeneffekt, der gerne mitgenommen wird. Die meisten wollen aber etwas für ihren Stadtteil und damit auch für sich selber tun.

Dann ist ein Namensschild gar nicht notwendig?

Doch, vom Prinzip her ist es richtig, die Bäume mit Namensschildern der Spender zu versehen. Es ist wichtig, den Bürgern auch mal eine Form der Anerkennung zuteil werden zu lassen. Das hält das soziale Gefüge zusammen. Immer nur wird gemeckert, nie gelobt - das muss aber auch mal sein.

ZUR PERSON
Jörg Harraschain ist seit 18 Jahren für die Grünen im Ortsbeirat 3 (Nordend) aktiv, sechs Jahre lang stand er dem Stadtteilgremium vor. Für einen „Spendenwald" am Friedberger Platz setzte sich Harraschain 2002 ein: Er suchte und fand Geldgeber für 17 junge Eschen, die auf dem Gelände einer ehemaligen Tankstelle an der Koselstraße gepflanzt wurden.

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